Inhalsverzeichnis
- Was sind Muskelschmerzen nach Corona?
- Wie entstehen Muskelschmerzen nach Covid-19?
- Dosierung & Monitoring: Das 3×3-Prinzip in der Physiotherapie
- Kurze Mobility-Blöcke für den Alltag
- Wärme oder Kälte – was kann wann sinnvoll sein?
- Beispiel aus der Praxis (anonymisiert)
- Wann du zum Arzt gehen solltest: Red Flags
- Wie Physiotherapie unterstützen kann
- FAQ – Muskelschmerzen nach Corona
Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine ärztliche Untersuchung und keine individuelle medizinische Beratung. Bei starken, unklaren oder anhaltenden Beschwerden solltest du immer medizinischen Rat einholen.
Was sind Muskelschmerzen nach Corona?
Nach einer Covid-19-Infektion berichten viele Menschen von Muskelschmerzen (Myalgien) – manchmal direkt während der akuten Erkrankung, manchmal erst in den Wochen danach. Typisch sind:
- diffuse Schmerzen in Armen, Beinen oder Rücken
- Druckempfindlichkeit bestimmter Muskelbereiche
- ein Gefühl von Muskelschwäche oder schneller Ermüdung
Diese Beschwerden können vorübergehend sein oder über Wochen bis Monate anhalten. Sie sind ein Teil dessen, was häufig als Post- oder Long-Covid beschrieben wird – auch wenn nicht jede:r Betroffene dieselben Symptome hat.

Wie entstehen Muskelschmerzen nach Covid-19?
Muskelschmerzen nach Corona können mehrere Ursachen haben, die sich teilweise überlagern:
- Entzündungsreaktion
Das Immunsystem bekämpft das Virus – dabei kann es zu Entzündungsprozessen im Muskelgewebe kommen. Kleine Entzündungen können Schmerzen, Druckempfindlichkeit oder ein Brennen verursachen. - Dekonditionierung (Muskelabbau)
Durch Krankheit, Bettruhe oder längere Inaktivität bauen Muskeln relativ schnell ab. Schon wenige Wochen mit deutlich reduzierter Aktivität können dazu führen, dass sich Bewegungen schwerer anfühlen. - Fehlspannung & Schonhaltungen
Wer sich müde, kurzatmig oder unsicher fühlt, nimmt oft Schonhaltungen ein. Diese führen zu Fehlbelastungen und Verspannungen – etwa im Rücken, Nacken oder in den Beinen. - Nervenbeteiligung
In manchen Fällen sind auch Nervenreize beteiligt. Dann stehen eher brennende, stechende oder einschießende Schmerzen im Vordergrund. - Stress & Schlafmangel
Anhaltende Erschöpfung, Sorgen und schlechter Schlaf können das Schmerzempfinden verstärken und dazu beitragen, dass Muskelschmerzen länger und intensiver wahrgenommen werden.
Wichtig: Die konkrete Ursache ist von Person zu Person sehr unterschiedlich. Eine medizinische Abklärung kann helfen, andere Gründe (z. B. rheumatische Erkrankungen, Stoffwechselstörungen) auszuschließen.
Dosierung & Monitoring: Das 3×3-Prinzip in der Physiotherapie
Viele Betroffene fragen sich:
„Wie viel Belastung ist nach Corona okay – und ab wann ist es zu viel?“
Hier kann eine gezielte Dosierung der Belastung helfen. In der Physiotherapie wird häufig mit stufenweisen Belastungsplänen gearbeitet. Ein mögliches Schema orientiert sich am sogenannten „3×3-Prinzip“, das grob drei Phasen umfasst:
Phase 1 (ca. Woche 1–2): Sanfte Aktivierung
Ziel: Körper wieder in Bewegung bringen, ohne ihn zu überfordern.
Mögliche Inhalte:
- leichte Mobilisationsübungen (z. B. Schulterkreisen, sanfte Rumpfbewegungen)
- Atemübungen zur Unterstützung von Atmung und Entspannung
- kurze Bewegungsintervalle im Alltag (z. B. mehrmals am Tag 3–5 Minuten)
Monitoring:
- Puls & subjektive Ermüdung beobachten
- am besten kurz notieren, wie du dich während und nach der Belastung fühlst (z. B. in einem einfachen Bewegungstagebuch mit einer 1–10-Skala)
Phase 2 (ca. Woche 3–4): Moderate Belastung
Ziel: Belastbarkeit steigern, ohne die Symptome deutlich zu verschlechtern.
Mögliche Inhalte:
- vorsichtige Kräftigungsübungen mit dem eigenen Körpergewicht
- kurze Spaziergänge – zunächst wenige Minuten, dann langsam steigern
- Kombination aus Mobility und leichtem Muskeltraining
Monitoring:
- Symptomtagebuch: Welche Aktivitäten haben sich gut angefühlt, was war „zu viel“?
- Subjektive Belastung z. B. über eine Skala („Wie anstrengend war die Einheit von 0–10?“)
Phase 3 (ab ca. Woche 5): Aufbau im Alltag
Ziel: Langsam wieder an Alltagsbelastungen, Beruf und Hobbys heranführen.
Mögliche Inhalte:
- gezielter Aufbau von Kraft, Gleichgewicht und Ausdauer
- alltagsnahe Übungen (z. B. Treppensteigen, Tragen leichter Lasten)
- schrittweise Anpassung an berufliche Anforderungen
Monitoring:
- regelmäßige Rückmeldungen an die behandelnde Ärztin/den Arzt oder die Physiotherapie
- weiterführen des Bewegungstagebuchs, um Fortschritte und Rückschläge besser einschätzen zu können
Wichtig: Dieses Schema ist nur ein Orientierungsrahmen und kein starrer Plan. Die tatsächliche Dosierung sollte immer an deine persönliche Ausgangslage, Vorerkrankungen und ärztliche Empfehlungen angepasst werden.
Kurze Mobility-Blöcke für den Alltag
Statt einmal in der Woche „alles zu geben“, sind bei Muskelschmerzen nach Corona oft kleine, regelmäßige Bewegungseinheiten sinnvoll. In deinem Dokument wurden dafür kurze Mobility-Blöcke von 3–5 Minuten empfohlen – am besten mehrmals täglich.
Mögliche Inhalte (Beispiele):
- Schulterkreisen im Stehen
– Schultern sanft vorwärts und rückwärts kreisen lassen, ohne ins Hohlkreuz zu fallen. - Beckenkippen im Sitzen
– aufrecht sitzen, Becken leicht nach vorn und hinten kippen, um den unteren Rücken mobil zu halten. - Kniebeugen an der Wand
– mit dem Rücken an die Wand gelehnt, langsame, kleine Kniebeugen im für dich angenehmen Bewegungsbereich. - Wadendehnung im Stand
– Hände an die Wand, ein Bein nach hinten stellen, Ferse am Boden lassen, bis eine sanfte Dehnung in der Wade spürbar ist. - Einfache Atemübungen
– z. B. 4 Sekunden einatmen, 6 Sekunden ausatmen, um Atmung und Nervensystem zu beruhigen.
Grundprinzip:
- lieber mehrmals kurz als selten zu lang
- Bewegung nur so weit, wie es sich stimmig und nicht überfordernd anfühlt
- bei deutlicher Verschlechterung der Symptome die Intensität reduzieren und ärztlichen Rat einholen
Wärme oder Kälte – was kann wann sinnvoll sein?
Viele fragen sich:
„Hilft bei meinen Muskelschmerzen eher eine Wärmflasche oder ein Coolpack?“
Eine grobe Orientierung:
Wärme
Kann sinnvoll sein, wenn:
- sich Muskeln steif, verspannt oder „zugemacht“ anfühlen
- eher ein dumpfer, ziehender Schmerz im Vordergrund steht
Mögliche Anwendungen:
- Wärmekissen oder Wärmflasche (mit Tuch dazwischen)
- warmes Bad oder Dusche
- Wärmepackung in der Physiotherapie
Wärme kann helfen, Muskulatur zu entspannen und die Durchblutung zu fördern. Viele empfinden sie als angenehm vor einer Bewegungseinheit.
Kälte
Kann sinnvoll sein, wenn:
- ein Bereich sich deutlich gereizt, geschwollen oder überhitzt anfühlt
- eher ein akuter, stechender Schmerz im Vordergrund steht
Mögliche Anwendungen:
- Coolpack (mit Tuch dazwischen, niemals direkt auf die Haut)
- kühles Tuch oder Quarkwickel
Kälte kann beruhigend wirken und akute Reizzustände dämpfen.
Kombinations-Tipp
Ein häufig genutzter Ansatz ist:
Wärme vor der Bewegung, Kälte nach stärkerer Belastung,
um Muskulatur vorzubereiten und die Regeneration zu unterstützen.
Auch hier gilt: Entscheidend ist, was sich für dich persönlich stimmig anfühlt – und ob es im Einklang mit ärztlichen Vorgaben steht.
Beispiel aus der Praxis (anonymisiert)
Im Dokument wird das Beispiel von Frau S. (49) beschrieben:
Vier Wochen nach einer Corona-Infektion klagte sie über diffuse Muskelschmerzen und ausgeprägte Müdigkeit. Alltägliche Tätigkeiten fielen ihr schwer, längeres Stehen oder Gehen führte schnell zu Erschöpfung.
In der physiotherapeutischen Behandlung kamen u. a. zum Einsatz:
- dosierte Atem- und Mobility-Übungen, abgestimmt auf ihre Tagesform
- vorsichtiges Muskelaufbautraining in kleinen Schritten
- Wärmeanwendungen, um verspannte Muskulatur zu lösen
- ein Heimübungsprogramm mit klarer Dosierung und Pausen
Über mehrere Wochen wurde Belastung langsam gesteigert. Frau S. berichtete im Verlauf von einer deutlichen Verbesserung ihrer Beweglichkeit und Belastbarkeit und konnte nach etwa sechs Wochen wieder in ihren Berufsalltag zurückkehren – mit weiterhin angepasster Eigenübung.
Wichtig: Das ist ein individuelles Beispiel, keine Garantie. Verläufe können sehr unterschiedlich sein – von schneller Besserung bis hin zu länger anhaltenden Beschwerden.
Wann du zum Arzt gehen solltest: Red Flags
Auch wenn Muskelschmerzen nach Corona häufig vorkommen, gibt es Situationen, in denen du unbedingt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen solltest – teilweise auch kurzfristig.
Du solltest zeitnah zum Arzt oder zur Ärztin gehen, wenn:
- die Muskelschmerzen sehr stark sind oder sich rasch verschlechtern
- Schmerzen mit deutlicher Muskelschwäche einhergehen (z. B. Treppensteigen kaum möglich, plötzliche „Wegknicken“ der Beine)
- Schwellungen, Rötungen oder Überwärmung einzelner Muskelgruppen auftreten
- du Fieber, Schüttelfrost oder starkes Krankheitsgefühl zusätzlich bemerkst
- du Atemnot, Brustschmerzen, Herzrasen oder ein Engegefühl in der Brust verspürst
- Gefühlsstörungen (z. B. Taubheit, Kribbeln) oder Störungen von Blase/Darm dazukommen
- du einen bekannten Vorerkrankungs-Risikofaktor hast (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen) und neue, ungewöhnliche Beschwerden auftreten
Im Zweifel gilt: Lieber einmal mehr ärztlich abklären, gerade bei Beschwerden nach einer Covid-19-Infektion.
Wie Physiotherapie unterstützen kann
Physiotherapie kann – nach ärztlicher Verordnung – dabei helfen, Belastung sinnvoll zu dosieren, Muskeln wieder aufzubauen und Bewegungsangst abzubauen.
Mögliche Inhalte einer physiotherapeutischen Behandlung:
- individuell angepasste Krankengymnastik, z. B. zum Aufbau von Kraft und Ausdauer in kleinen, planbaren Schritten
- dosierte Mobilisations- und Dehnübungen, um Beweglichkeit zurückzugewinnen
- Anleitung zu Heimübungen und Alltagstipps (z. B. Pausen, Aktivitäts-Management)
- je nach Befund auch manuelle Techniken, um Spannungen im Gewebe zu beeinflussen
Mögliche Leistungen (je nach Standort und ärztlicher Verordnung) sind z. B.:
Ziel ist nicht „alles sofort wieder wie früher“, sondern ein schrittweiser, realistischer Aufbau deiner Belastbarkeit – abgestimmt auf deine Symptome und deine Lebenssituation.
FAQ – Muskelschmerzen nach Corona
Wie lange halten Muskelschmerzen nach Corona an?
Die Dauer kann sehr unterschiedlich sein. Manche Menschen berichten, dass die Beschwerden nach einigen Wochen deutlich nachlassen, bei anderen können Muskelschmerzen über mehrere Monate anhalten. Faktoren wie Vorerkrankungen, Belastungsniveau und Umgang mit Aktivität/Erholung spielen eine Rolle. Wenn sich die Beschwerden nicht bessern oder weiter zunehmen, solltest du ärztlichen Rat einholen.
Sind Muskelschmerzen nach Corona gefährlich?
Häufig sind Muskelschmerzen nach Corona Ausdruck von Entzündungsreaktionen, Dekonditionierung und Fehlspannungen und damit unangenehm, aber nicht automatisch gefährlich. Dennoch sollten sie ernst genommen werden – insbesondere, wenn starke Schmerzen, Muskelschwäche, Fieber, Atemnot oder andere Warnzeichen (siehe Red Flags) hinzukommen. In solchen Fällen ist eine ärztliche Abklärung wichtig.
Hilft Bewegung oder eher Ruhe?
Komplette Ruhe über längere Zeiträume führt meist zu weiterer Muskelabnahme und Schwächung. Viele Betroffene profitieren von dosierter Bewegung: also kleinen, planbaren Bewegungseinheiten, die sich fordernd, aber nicht überfordernd anfühlen. Entscheidend ist, die Belastung langsam zu steigern und auf Körpersignale zu achten. Überlastung solltest du vermeiden.
Kann Ernährung Muskelschmerzen nach Corona beeinflussen?
Ernährung ersetzt keine medizinische Behandlung, kann aber ein Baustein sein. Eine eiweißreiche Ernährung unterstützt den Muskelaufbau, ausreichend Flüssigkeit ist ebenfalls wichtig. Einige Menschen berichten, dass eine ausreichende Versorgung mit z. B. Magnesium Muskelkrämpfe lindern kann – hier solltest du Dosierung und Sinnhaftigkeit mit Ärzt:in oder Apotheke besprechen.
Kann Physiotherapie bei Muskelschmerzen nach Corona helfen?
Physiotherapie kann – nach ärztlicher Verordnung – dazu beitragen, deine Belastbarkeit Schritt für Schritt zu steigern, Muskelkraft aufzubauen und Beweglichkeit zu verbessern. Durch angeleitete Übungen, Dosierungsstrategien und manuelle Techniken kann sie helfen, besser mit Muskelschmerzen umzugehen und deinen Alltag wieder aktiver zu gestalten. Ein Erfolg ist dabei immer individuell und hängt von vielen Faktoren ab.